Vereinsgeschichte von 1929 - 1950
Segelflug – So begann es
Am Anfang stand der Wunsch zu fliegen, es den Vögeln gleich zu tun, die in eleganten Kreisen durch die Lüfte segeln, fast lautlos majestätisch. Wen hätte dieses Bild noch nicht fasziniert. So gehört der Wunsch, das Fliegen zu erlernen zu den ältesten Träumen der Menschheit überhaupt.
Er findet seinen dichterischen Niederschlag von den Sagen des Altertums bis zur Neuzeit. Vom legendären Ikarus bis zum Schneider von Ulm spannt sich der Bogen der Männer, die sich frei in die Lüfte erheben wollten, um so losgelöst von der Erden schwere durch die Weite zu segeln. Auch die Kunst entsprechende Flugapparate zu bauen hat stets die genialsten Erfinder aller Zeiten gereizt. Trotzdem gelang erst im Jahr 1891 dem Deutschen Otto Lilienthal der erste freie Menschenflug in der Nähe von Berlin. Als er am 9. August 1896 aus den Trümmern seiner Flugmaschine schwer verletzt geborgen wurde, waren seine letzten Worte „Opfer müssen gebracht werden“. Diese Worte eines Sterbenden zeigen seherisch den dornenvollen Weg, den die Fliegerei bis zum heutigen Tag durchlaufen hat.
An der Wiege der Fliegerei stand somit der motorlose Flug. Da man glaubte, nur durch Ausnutzung der Motorkraft, dem Hauptziel der Überwindung großer Distanzen in der Luft näher zu kommen, verläuft in der Folgezeit die Entwicklung immer mehr in dieser Richtung. Dem motorlosen Flug, d.h. dem Segelflug, wurde kaum eine echte Chance eingeräumt. 1911 versuchten sich einige flugbegeisterte Gymnasiasten und Studenten der Technischen Hochschule Darmstadt auf der Wasserkuppe in der Rhön bei motorlosen Gleitversuchen. Es gelang ihnen ein Flug über eine Länge von 843 Metern, der aber kaum Beachtung fand.
Der 1. Weltkrieg setzte diesen waghalsigen Flugversuchen ein Ende. Die Geburtsstunde des Segelfluges fiel in das Jahr 1919. Eine Gruppe junger Leute fand sich mit Oskar Ursinus auf der Wasserkuppe ein, um durch „Ausnutzung der Energie des Windes“ zum motorlosen Flug, nämlich dem Segelflug zu kommen. Die Kunde von ihren ersten Erfolgen ließ die Welt aufhorchen. Die Namen Peter Riedel, Wolfgang Klemperer und Wolf Hirth sind mit dem Beginn der Segelfliegerei untrennbar verbunden. Am 12. August 1921 flog Klemperer von der Wasserkuppe ins Gersfelder Tal hinaus und landete wohlbehalten nach 13 Minuten. Er hatte eine Entfernung von fünf Kilometern zurückgelegt.
Die ersten Wettbewerbe wurden ausgeschrieben und die Erfolge berechtigten zu immer größeren Hoffnungen. Am Wichtigsten waren aber die vielen Impulse, die in jeder Beziehung gerade von diesen Rhönwettbewerben ausgingen. Sie führten u. a. zu neuen flugtechnischen und konstruktiven Entwicklungen, die eine unabdingbare Voraussetzung für den Segelflug schlechthin waren und ihrerseits später den gesamten Flugzeugbau wesentlich beeinflusst und befruchtet haben. Es kam zur Verbesserung der Steuerungsorgane, die eine bessere Wendigkeit und Lenkfähigkeit der Flugapparate zur Folge hatten und zum Bau von aerodynamisch günstigen Zellen mit möglichst geringer Sinkgeschwindigkeit und ausreichendem Gleitwinkel. In diese Entwicklungsreihe gehört das Segelflugzeug „Vampyr“, mit dem 1922 erstmals der Hannover Martens eine Gesamtflugzeit von einer Stunde und sechs Minuten erreichte. Wenige Tage später schaffte er eine Flugzeit von 3 Stunden, wobei er seinen Flug vorzeitig wegen einbrechender Dunkelheit abbrechen musste. Jetzt war der Bann endgültig gebrochen.
Wer den Vampyr und viele andere Flugzeuge aus dieser Anfangszeit der Segelfliegerei sehen will, sollte das „Deutsche Segelflugmuseum“ auf er Wasserkuppe mit seinen vielen Raritäten besuchen.
Die ganze Welt horchte auf. Die Wasserkuppe wurde Mittelpunkt der Segelfliegerjugend der Welt. Der Geist des Rhönvaters Ursinus, dessen Ruf damals begründet wurde, zog hinaus in das ganze Land und beflügelte die flugbegeisterte Jugend. Der Wunsch, es denen auf der Rhön gleich zu tun, führte überall zur Gründung von Segelflugvereinen.
Vereinsgründung 1929
Eine der Erstgründungen in unserer fränkischen Heimat erfolgte 1929 in Lauf. Eine Handvoll junger Männer hatte sich zusammengeschlossen um hier den neuen Sport auszuüben. Nur wenige von ihnen waren fliegerisch vorbelastet. Kaum einer war vorher in einem Flugzeug gesessen oder hatte gar schon einmal einen Steuerknüppel in der Hand. Umso größere Bewunderung verdient ihr Mut und ihre Begeisterung. Aber auch hier zeigte sich was Kameradschaft und Opfermut, Fleiß und Ausdauer vermögen.
Mit dem Fahrrad fuhren mehrere Gruppen zur Wasserkuppe um Vorträge von Experten (und solchen die sich dafür hielten) anzuhören. Man nutzte alle Informationsmöglichkeiten über den Segelflug und wusste bald: Das Wichtigste war eine Werkstatt, in der man dann ein Flugzeug bauen konnte.
Nachdem diese Schwierigkeit aus dem Weg geräumt war und im Cafe Katheder, dem heutigen Uhrengeschäft Eckert, ein Rückgebäude als Werkstatt zur Verfügung stand, konnte 1929 die Gründungsversammlung stattfinden. Als Vorsitzender des „Segelflugvereins Lauf“ wurde Alfred Bachmann, Herausgeber des Laufer Tagblattes und als sein Stellvertreter Ulrich Reichel, beides Weltkriegsflieger, von den Gründungsmitgliedern Ulrich Lierl, Christian Püttner, Phillip Döring, Hans Kunze, Konrad Stiegler und Sepp Wolf gewählt. Noch heute wird in unserem Verein jährlich der von Konrad Stiegler gestiftete Jugend - Wanderpokal von seiner Tochter Agnes Hauck an ein Vereinsjugendlichen verliehen.
Trotz der damaligen schlechten wirtschaftlichen Voraussetzungen – es herrschte Inflation und Arbeitslosigkeit – wurde mit Elan unter Ulrich Lierl’s Leitung der Zögling „Rektor Dasch“ (Laufer Ehrenbürger, Kungundenfestförderer) gebaut.
Vor Beginn des Flugbetriebes wurde am 17.10 1930 der Verein in das amtliche Register eingetragen. Dieser Beschluss wurde laut „Laufer Tagblatt“ vom 20.Oktober 1930 in einer Versammlung im „Weißen Roß“ dem heutigen Drogeriemarkt Müller gefasst um rechtlichen und versicherungstechnischen Bedenken entgegentreten zu können.
Die Frage nach einem Flugplatz brauchte gar nicht gestellt werden. Abgesehen davon, dass neben dem Verkehrsflughafen Fürth Azenhof kein Platz in erreichbarer Nähe war, verlangte der Gummiseilstart unbedingt einen Hang. Da aber die Wiesen nur während der Wintermonate betreten werden durften, fand der Flugdienst ausschließlich in der kalten Jahreszeit statt. Von Thermik spürte man nichts.
Die Startplätze waren der Lettenhang (oberhalb der heutigen Autobahn), der Kunigundenberg, der Weihersberg (Rückseite des Moritzberges), Weißenburg und der Nordhang des Hersbrucker Michelsberges. Später wurde auch Wolfstein bei Neumarkt, in Bindlach bei Bayreuth und am Hesselberg geflogen
Diese sekundenlangen Gleitflüge endeten nicht immer glücklich, war doch die Flugerfahrung der damaligen amtierenden Fluglehrer höchstens mit der eines heute frischgebackenen C-Piloten zu vergleichbar. Ein Flugtag ohne Bruch wurde gefeiert, öfter jedoch fuhr die Mannschaft mit dem Bruchpiloten und den Maschinentrümmern neuer Werkstattarbeit entgegen. So ereilte den „Rektor Dasch“ nach mehreren Brüchen 1933 das endgültige Ende. So erging es auch der Grunau 9, die am 28.12.1934 von Heinz Friedrich am Hesselberg in die Hölle befördert wurde und dem Zögling mit Boot „Bacchus“, nach dem Gründungsvorstand Alfred Bachmann benannt, dieser wurde am 9.2.1934 durch Christel Schuhmann „erledigt“. Auch die „grüne Post“, ein nach Plänen der gleichnamigen Zeitschrift und mit deren Unterstützung gebauter Vogel, lebte nur kurzfristig. Die Drechslerei Simon spendete schließlich Holz für einen Zögling mit Boot, der den Namen „Holzwurm“ erhielt. Er und der 1934 fertige „Falke“ entgingen auch nicht ihrem Schicksal. Der danach gebaute Schulgleiter SG38 „Stoppelhopser“ blieb den inzwischen gereifteren Laufer Fliegern bis in den Krieg hinein erhalten.
Eine andere Geschichte ereignete sich am 1. Mai 1933. An diesem Tage sollte ein „Grunau Baby“ auf den Namen „Stadt Lauf“ getauft werden. Dazu versammelten sich viele Gäste auf dem Kunigundenberg. Während Bürgermeister Herzog in den blauen Himmel blinzelte, en Tauf – Sekt in erreichbarer Nähe, intonierte die Stadtkapelle zackige Märsche.
Schließlich zeigte sich in etwa 100 m Höhe von Nürnberg kommend ein Schleppzug. Der Hersbrucker Polizeibeamte Dressel flog die Motormaschine, während Christel Schuhmann am Knüppel des Täuflings saß. Nach dem Ausklinken zog Christl unter dem Jubel der Gäste bei herrlichem Sonnenschein noch einig Kreise. Dass diese etwas zu groß geraten waren, wurde leider erst beim Anschweben auf die Kunigundenwiese bemerkt. Vom Osten kommend konnten die Häuser an der Simonshofer Straße gerade noch übersprungen werden, dann sorgte eine Telefonleitung und ein darunter befindlicher Gartenzaun für eine Bruchlandung und en kümmerliche Nottaufe. Erst nach langer Bauzeit war das Baby, das letzte vor dem zweiten Weltkrieg vom Verein gebaute Flugzeug, wieder flugklar.
Ein Problem besonderer Art stellte sich den Laufer Segelfliegern vor jedem Flugdienst: Der Transport der Flugzeuge von der Werkstatt zum Hang. Es mangelte an „Motor getriebenen“ Untersätzen und an Führerscheininhabern. Albert Baur und Emil Jung waren schließlich die großen Zauberer, die aus Gebrauchtfahrzeugen wieder selbst fahrende Fortbewegungsmittel machten. Konrad Stiegler war als Führerscheininhaber fast noch mehr angesehen wie als Schatzmeister, wenn ihm bei der Fahrt nach Bindlach der Schaltknüppel abbrach. Nach seiner Schilderung standen dem Verein ein 8.Zylinder Horch, ein rechts gesteuerter Austro Daimler mit Außenschaltung und Fred Bachmanns Willi’s Night, ein amerikanisches Sportcabriolet von 1928 zur Verfügung.
Wenn bisher nur der Sport im Vordergrund stand, so gab es 1933 bald eine Wendung. Es folgte im Zuge der Gleichschaltung aller Sport treibenden Vereine die Überführung in das Fliegercorps. Von nun an war der reine sportliche Charakter zweitrangig, im Vordergrund stand das Ziel der vormilitärischen Ausbildung. Der zweite Weltkrieg und sein Ende begruben so manche fliegerische Hoffnung dieser Jahre.
P.S.: Nachdem zum Ende des 2. Weltkrieges alle Vereinsunterlagen vernichtet wurden, entstammt die vorstehende Chronik den Erinnerungen von Dr. Hans Weinzierl, Konrad Stiegler, Phillip Döring, Ulrich Lierl, Ernst Ortegel und mit Hilfe von Gerd Bachmann, der Einblick in das „Laufer Tagblatt“ jener Jahre ermöglichte.